Fiat 600e im Test: Ein Cinquecento in Gross
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Fahrbericht Fiat Elektroauto

Fiat 600e im Test: Ein Cinquecento in Gross

Bruno Rivas
Bruno Rivas

Drei Wochen durfte ich mit dem vollelektrischen Mini-SUV Fiat 600e herumkurven. Es ist quasi ein Cinquecento in Gross. Im Gegensatz zum Fiat 500e kommt jedoch die Elektro-Plattform vom Mutterkonzern Stellantis zum Einsatz. Ob sich das positiv auf den Test auswirkt? Nun, sagen wir es mal so, auf die Reichweite auf jeden Fall. Bis zu 400 Kilometer kommt der Fiat 600e, der immerhin fünf Plätze anbietet.

Was der Fiat 600e sonst noch so zu bieten hat? Das erfährst du auf den nächsten Zeilen.

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Das Testfahrzeug Fiat 600e La Prima

Für den Test durfte ich den Fiat 600e in der La Prima Variante und der Farbvariante Mare d'Italia (+900 Franken) in Empfang nehmen. Das ist die Topvariante. Sie enthält die bequemen und wunderschönen Ledersitze sowie einen elektrisch verstellbaren Fahrersitz mit Massagefunktion. Die Gesamtleistung gibt Fiat mit 115 kW (156 PS), womit er von 0 auf 100 km/h in 9 Sekunden beschleunigt. Integriert ist eine 54-kWh-Batterie, die sich maximal mit 100 kW am Schnelllader und 11 kW an einer Wallbox laden lässt. So wie ich den Fiat 600e in den letzten drei Wochen gefahren bin, sprechen wir von einem Preis von 45'090 Franken.

Eignet sich der Fiat 600e für Familien?

Der Fiat 600e erinnert mich bei der Optik an den kleinen Bruder, der Fiat 500e, und dem kompakten SUV Fiat 500X. Der Fiat 600e ist quasi ein Mix aus beiden Fahrzeugen. Mit einer Länge von 4,17 Metern gehört er zu den kleinen SUVs und konkurriert in diesem Segment etwa mit dem Volvo EX30 oder Jeep Avenger. Letzterer basiert übrigens auf derselben Plattform, wie der Fiat 600e. Keine Überraschung, schliesslich gehören beide Unternehmen zum Stellantis Konzern.

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Ist der Fiat 600e familientauglich? Ich würde sagen, ja, aber mit Abstrichen. Gut ist, dass der 600e über fünf Türen verfügt und ebenso viele Sitzplätze. Auch schön, auf der Rückbank gibt es USB-Anschlüsse, womit etwa Tablets oder Smartphones geladen werden können. Die Kinder werden es dir danken, wenn sich der Akku des Tablets/Smartphones auf der Langstrecke verabschiedet. Das Kofferraumvolumen gibt Fiat mit 360 Litern an. Das ist angesichts der Grösse des Fahrzeugs in Ordnung. Allzu viel Gepäck lässt sich da aber nicht verstauen. Sind deine Kinder schön grösser und planst einen längeren Aufenthalt, dann dürfte es eng werden mit Gepäck. Ein Frunk unter der Motorhaube gibt es leider nicht. Sprich, das Ladekabel muss im doppelten Boden verstaut werden. Schön: Bei der La Prima Ausführung lässt sich die Heckklappe elektrisch öffnen und schliessen.

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Das Platzangebot insbesondere im Fond ist limitiert. Wenn der Fahrer und/oder Beifahrer etwas grösser ist, wird es zwangsläufig etwas eng für die Passagiere, die hinten Platz nehmen. Dabei werden sie vor allem bei der Beinfreiheit eingeschränkt, was auf langen Fahrten doch ziemlich unbequem werden kann. Die Kopffreiheit im Fond ist in Ordnung. Ich, mit meinen knapp 1,90 m, hatte jedenfalls noch etwas Luft nach oben. Der Fahrer und Beifahrer können den Sitz natürlich zurückschieben, sofern niemand im Fond sitzt. Weder die Bein- noch die Kopffreiheit war für mich auf dem Fahrersitz eingeschränkt.

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Aufgeräumtes Interieur mit viel Stauraum

Der Fahrer blickt auf ein aufgeräumtes Cockpit, das jedoch mit etwas viel Hartplastik verstehen ist. Für den Fahrer gibt es ein sieben Zoll grosses Instrumentendisplay. Es lässt sich zwar nicht wirklich individualisieren, aber alles Nötige ist da. Weiterhin gibt es ein zentrales 10,25-Zoll-Touchscreen, auf dem ein wenig beeindruckendes Infotainmentsystem läuft. Dafür sind alle Funktionen schnell zu finden. Auf Schnickschnack verzichtet Fiat - womöglich bewusst. Schön: Alternativ kannst du Android Auto oder Apple CarPlay verwenden und das sogar kabellos, was nach wie vor keine Selbstverständlichkeit darstellt. Per Smartphone-App kann aus der Ferne die Türverriegleung, Klimaanlage (im Sommer und Winter ein Traum!) und das Licht angesteuert werden.

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Auf touchsensitive Tasten verzichtet Fiat im 600e komplett, was ich persönlich nur begrüsse. Es gibt eine Tastenleiste unterhalb des Infotainmentsystem-Displays. Die Tastenleiste erlaubt einen einfachen Zugriff auf die Funktionen der Klimaanlage sowie ein Drehknopf für die Lautstärke. Die drei Fahrmodi (Eco, Normal und Sport) lassen sich über die Taste in der Mittelkonsole anwählen. Untypisch sind die Tasten für die Automatik. Sie sind ebenfalls in der Mittelkonsole untergebracht. Direkt am Lenkrad lassen sich die wichtigsten Funktionen anwählen, darunter etwa für den Tempomat oder für die Musiksteuerung.

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Gefallen hat mir die an eine iPad-Hülle erinnernde Abdeckung, die sich ebenfalls in der Mittelkonsole befindet. Darunter versteckt sich nicht nur viel zusätzlicher Stauraum, sondern auch ein Wireless-Ladepad, zwei USB-Anschlüsse und ein Zigarettenanzünder. Generell lässt sich festhalten, dass der Fiat 600e ziemlich viel Stauraum für ein solch kompaktes SUV bietet.

Ruhiges Fahrverhalten

Im Fiat 600e gibt es einen 115 kW (156 PS) starken Elektromotor an der Vorderachse. Er beschleunigt das Elektroauto in 9 Sekunden auf 100 km/h. Das hört sich jetzt nicht wirklich beeindruckend an, dennoch reicht die Fahrleistung damit völlig aus. Ich bin in den letzten drei Wochen ziemlich viele Autobahnkilometer gefahren und hatte nie das Gefühl, das mir zu wenig Leistung zur Verfügung steht. Der Fiat 600e zaubert bei der Beschleunigung zwar kein Lächeln auf die Gesichter der Passagiere, dafür ist er umso komfortabler. Untermauert wird dies darüber hinaus durch die gut ausblancierte Federung und die richtig gute Dämmung im Innenraum. Der Elektromotor ist kaum wahrnehmbar und auch Aussengeräusche werden sehr gut gedämmt.

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Der Fiat 600e bietet die Fahrmodi Eco, Normal und Sport. Im Eco-Modus verringert sich die Leistung spürbar und auch die Lüftung/Klimaanlage wird automatisch angepasst. Im Sport-Modus reagiert das Gaspedal etwas schneller, als etwa im Eco- oder Normal-Modus. Sie unterscheiden sich somit merklich voneinander. Schade nur, dass Fiat einzig eine Rekuperationsstufe anbietet. One-Pedal-Drive gibt es nicht.

Gefallen hat mir der adaptive Tempomat und falls gewünscht, die Fahrunterstützung. Dabei lenkt der Fiat 600e automatisch, wobei eine Hand trotzdem am Steuer bleiben muss. Der adaptive Tempomat reagiert vorausschauend und sehr angenehm auf das Tempo der vorausfahrenden Fahrzeuge. Zu ruckähnlichen Manövern kam es im Test nicht. Auch gut: Die Verkehrsschildererkennung erwies sich im Test als gut.

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Reichweite und Laden

Fiat gibt für 54-kWh-Batterie eine maximale Reichweite gemäss WLTP von 400 Kilometern an. Dieser Wert scheint in der Praxis gar nicht mal so unrealistisch zu sein. Auf der Autobahn bei gemässigter Fahrweise erreichte ich ein Verbrauch zwischen 16 und 18 kWh. In der Stadt reduziert sich dieser Wert gar auf unter 13 kWh auf 100 Kilometer. Allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Aussentemperaturen für den Test optimal waren. Im Winter dürfte der Verbrauch folgerichtig etwas höher ausfallen.

Mehr Zeit muss man an der Schnellladestation einplanen. Maximal mit 100 kW lässt sich der Fiat 600e aufladen - eine Vorkonditionierung der Batterie gibt es nicht. Damit reiht sich der Fiat 600e, was die Ladeleistung betrifft, im unteren Durchschnitt ein. Bis 80 Prozent dauert der Ladevorgang deutlich mehr als 30 Minuten. In der Praxis erreichte ich die 100 kW nur über einen sehr kurzen Zeitraum und ausschliesslich im unteren Ladebereich. Von 60 bis 80 % waren beispielsweise im Schnitt nur noch 45 kW möglich. Nein, berauschend ist das nicht und ich habe mir mehrmals an der Schnellladestation eine etwas höhere und konstantere Ladeleistung gewünscht. Zu Hause an der Wallbox sind es übrigens maximal 11 kW.

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Das Testfazit zum Fiat 600e

Der Fiat 600e ist das zweite vollelektrische Modell des italienischen Automobilherstellers. Der Seicento hat im Test viele gute Eigenschaften gezeigt, darunter das angenehme Fahrverhalten und die bequemen Ledersitze (inkl. Massagefunktion für den Fahrer). Als grösste Schwäche hat sich im Test die Ladeleistung herauskristallisiert. Maximal 100 kW, wobei der Peak nur kurz erreicht wird, ist nicht beeindruckend und sorgt für längere Wartezeiten am Schnelllader. Mit über 45'000 Franken ist der Fiat 600e mit der gebotenen Ausstattung teuer - für den einen oder anderen vielleicht gar zu teuer.