In den letzten Monaten sind zahlreiche neue chinesische Automobilhersteller in der Schweiz gestartet. Nach MG, Leapmotor, BYD und Zeeker ist mit Xpeng seit Anfang September ein weiterer Hersteller mit den Modellen G6 (SUV-Coupé) und G9 (SUV) hierzulande offiziell vertreten. Sowohl die Modelle aus dem Vorjahr (2024) als auch die kürzlich vorgestellten neuen Modelle sind bestellbar.
Xpeng hat mir freundlicherweise das Modell G6 AWD Performance (2024) für drei Wochen zur Verfügung gestellt. Das ist definitiv genügend Zeit, um das schnittige SUV-Coupé auf Herz und Nieren zu prüfen. Und auch wenn es sich nicht um das neueste Modell handelt, ist der G6 ein technisch beeindruckendes SUV, das bereits bei 43'600 Franken startet.

Exterieur: Sportlich und futuristisch
Der Xpeng G6 präsentiert sich als modernes und sportliches Coupé-SUV. Besonders auffällig ist das durchgehende LED-Lichtband, das sich über die gesamte Fahrzeugbreite erstreckt. Es verleiht dem Fahrzeug eine futuristische Note. Am Heck setzt der G6 ebenfalls auf ein breites LED-Leuchtenband und einen dezenten „Ducktail“-Spoiler, der dem Fahrzeug eine sportliche Erscheinung verleiht. Sportlich sind auch die 20-Zoll-Felgen, die im Preis inkludiert sind.


Der Xpeng G6 sieht auch nachts gut aus | Bild: vybe
Die Abmessungen betragen 4753 mm in der Länge, 1920 mm in der Breite und 1650 mm in der Höhe. Der Radstand beträgt 2890 mm. Damit kann der Xpeng G6 in puncto Abmessungen mit dem Tesla Model Y verglichen werden. Wie bei vielen Elektroautos üblich, sind die Türgriffe so integriert, dass sie die Seitenlinie nicht unterbrechen und die Aerodynamik unterstützen.

Zur Auswahl stehen die Farben Arctic White, Graphite Gray, Midnight Black, Silver Frost und Fiery Orange. Mein Testfahrzeug war in der Standardfarbe Arctic White gehalten, die im Preis inbegriffen ist. Jede andere Farbvariante kostet 800 Franken Aufpreis. Apropos: Abgesehen von den Farben und der Anhängerkupplung (75 kg/1500 kg) für 1180 Franken gibt es bei Xpeng keine zusätzlichen Optionen. Der Basispreis umfasst bereits die Vollausstattung.

Frunk und Kofferraum: Kein Frunk, aber trotzdem viel Stauraum
Ich muss zugeben, dass ich mich im Vorfeld nicht besonders intensiv mit dem G6 auseinandergesetzt habe. Das wurde mir bewusst, als ich dachte, unter der Kühlerhaube befände sich ein Frunk. Doch da befindet sich leider keiner, obwohl meiner Meinung nach genug Platz dafür vorhanden wäre. Ein Frunk finde ich persönlich immer praktisch, um etwa das Ladekabel zu verstauen.
Über zu wenig Stauraum muss man sich beim Xpeng jedoch keine Gedanken machen. Xpeng gibt das Kofferraumvolumen mit 571 Litern an, mit umgeklappten Rücksitzlehnen sind es sogar bis zu 1374 Liter. So oder so ist genügend Platz vorhanden, um das Gepäck einer ganzen Familie unterzubringen. Die erlaubte Zuladung von 531 Kilogramm reicht in der Regel für vier Personen locker aus.
Unter der Abdeckung im Kofferraum befindet sich übrigens noch ein zusätzlicher Stauraum. Dort befindet sich unter anderem das mitgelieferte Reifenpannenset.

Interieur: Geräumig und hochwertig
Xpeng verfolgt mit seinen Fahrzeugen einen Premiumanspruch. Diesem wird der G6 auch gerecht. Das ist besonders im Innenraum spürbar. Die Verarbeitung ist hochwertig und die Materialauswahl wirkt wertig. Die Sitze im Fahrzeug sind aus Kunstleder, auch „veganes Leder” genannt. Dank der hervorragenden Verarbeitung, kommt auch da Premium-Feeling auf. Für Fahrer und Beifahrer gibt es eine Sitzheizung und Lüftung. Im Fond gibt es auf den beiden äusseren Plätzen eine Sitzheizung.
Xpeng verzichtet fast gänzlich auf weniger wertig wirkendes Hartplastik. Zum Einsatz kommen hauptsächlich hochwertige Lederimitate und Stoffe, lediglich bei den unteren Türflächen wurde Hartplastik verwendet. Das stört aber nicht weiter - zumindest mich nicht. Apropos Türe: Es gibt beim G6 keine herkömmlichen Türgriffe im Innenraum. Die Türen lassen sich über einen Knopf öffnen.
Zunächst war ich irritiert über das fehlende Handschuhfach auf der Beifahrerseite. Xpeng macht diesen Umstand jedoch mit einem grossen Fach in der Mittelkonsole wieder wett. Die Mittelkonsole fällt insgesamt ziemlich fulminant aus. Neben dem grossen Fach gibt es zwei Getränkehalter, die erfreulich tief sind und so Getränke auch wirklich an Ort und Stelle halten, zwei Wireless-Charger, die sogar mit einer Lüftung auftrumpfen, sowie weiter unten ein weiteres Ablagefach sowie zwei USB-Anschlüsse (USB-A + USB-C) und ein 12-Volt-Anschluss.





Gallerie: vybe
Trotzdem bietet der G6 ein geräumiges Raumangebot, auch für grosse Menschen. Ich bin selbst knapp 1,90 m gross und hatte auf allen Plätzen mehr als genügend Bein- und Kopffreiheit. Das gilt besonders auch für die Plätze im Fond. Selbst wenn eine grössere Person am Lenkrad sitzt, habe ich problemlos Platz. Ich würde sogar behaupten, dass noch grössere Personen problemlos Platz finden würden. Hervorzuheben sind ausserdem die absolut langstreckentauglichen Sitze. Sie sind bequem und bieten guten Halt. Ausserdem gibt es im Fond jeweils ISO-FIX sowie Top-Tether-Befestigungspunkte für Kindersitze und zwei USB-C-Anschlüsse.
Damit kann der Xpeng G6 mit hochpreisigeren Marken wie BMW und Mercedes zumindest in puncto Wertigkeit und Komfort locker mithalten.

Ausstattung und Bedienung: Minimalistischer Ansatz dominiert
So richtig beeindruckend ist die umfangreiche Serienausstattung des Xpeng G6. Viele Extras, wie etwa das wunderschöne Panoramadach oder das hervorragende Soundsystem, kosten bei anderen Herstellern Aufpreis. Nicht so bei Xpeng. Die serienmässige Ausstattung fällt sehr grosszügig aus, sodass man sich nicht mühsam durch x verschiedene, optional erhältliche Pakete kämpfen muss. Davon könnten sich einige europäische Hersteller eine Scheibe abschneiden.

Wer Wert auf physische Tasten legt, muss sich beim G6 definitiv umgewöhnen. Wie bei vielen Herstellern inzwischen üblich, hat Xpeng im Fahrzeug auf viele physische Tasten verzichtet und setzt für die Bedienung fast gänzlich auf das hochauflösende, knapp 15 Zoll grosse Display über der Mittelkonsole. Immerhin lassen sich einige Funktionen wie Lüftung oder Mediensteuerung über die physischen Tasten am Lenkrad bedienen. Positiv: Xpeng verzichtet auf touchsensitiven Tasten.
Dennoch ist es zumindest anfangs nicht einfach, den Überblick zu behalten und die gewünschte Funktion im System zu finden. Es hilft auch nur bedingt, dass individuelle Funktionen an die Leiste am unteren Bildschirmrand geheftet werden und die Schnelleinstellungen mit Funktionen wie Kofferraum öffnen, Sitzheizung aktivieren oder Kindersicherung per Wisch nach unten gestartet werden können.

Abgesehen davon läuft das System von Xpeng flüssig und bietet zahlreiche nützliche Funktionen, darunter die Split-Screen-Funktion. Damit können zwei Funktionen gleichzeitig auf dem grossen Display angezeigt werden. Das integrierte Navi verrichtet grundsätzlich einen guten Dienst und zeigt auf längeren Strecken eine passende Ladeplanung mit Zeitangaben an. Ich hätte mir gewünscht, dass man auch den bevorzugten Ladeanbieter auswählen könnte.

Willst du es dir so richtig gemütlich machen? Dann solltest du den X-Sleep-Modus starten. Dabei verwandeln sich die Sitze in ein Einzel- oder Queen-Size-Bett. Das System von Xpeng bietet darüber hinaus einen AppStore, wo es einige Apps zum kostenlosen Download gibt. Unter anderem sind Spotify, Netflix und Disney vorhanden. Wer das System von Xpeng nicht nutzen möchte, kann kabellos auch Apple CarPlay oder Android Auto verwenden. Im Test hat Android Auto in Zusammenspiel mit dem Google Pixel 10 Pro Fold problemlos funktioniert.

Fahren: Kraftvoll und leise
Der Xpeng G6 AWD Performance kombiniert zwei Elektromotoren an der Vorder- und Hinterachse, die zusammen eine Systemleistung von 350 kW bzw. 476 PS bei einem maximalen Drehmoment von 660 Nm liefern. Damit beschleunigt das 2,2 Tonnen schwere Fahrzeug in beeindruckenden 4,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Tipp: Aktiviere unbedingt den Launch-Modus, wenn die volle Beschleunigungsleistung entfaltet werden soll. Die Spitzengeschwindigkeit ist bei 200 km/h abgeriegelt.
Der Xpeng G6 AWD Performance überzeugt auf Autobahnen und Landstrassen gleichermassen mit seiner kraftvollen Beschleunigung und seinem dynamischen Fahrverhalten. Besonders beim Auffahren auf die Autobahn oder beim Überholen zeigt das Elektro-SUV, was in ihm steckt. Ja, auch der G6 schaffte es mit seiner Beschleunigung immer wieder, mir ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Und trotz seiner Länge von immerhin über 4,7 Metern präsentierte er sich als erstaunlich agiles Fahrzeug.
Das automatische Einparkieren funktioniert einwandfrei | Video: vybe
Der Xpeng G6 ist mit zahlreichen Assistenzsystemen ausgestattet, darunter einem adaptiven Tempomat, eine automatische Einparkfunktion, einer Verkehrszeichenerkennung, einem Kollisionswarner, einem Türöffnungswarner und einem aktiven Spurhalteassistenten. Diese Funktionen werden durch insgesamt zwölf Kameras und 17 Ultraschallradare ermöglicht. Ganz autonom auf Level 4 kann der G6 hingegen nicht fahren.
Auf der Autobahn haben der Spurhalteassistent und der Spurwechselassistent einwandfrei funktioniert. Das System übernimmt dabei die Steuerung des Fahrzeugs einschliesslich der Anpassung der Geschwindigkeit und des Lenkeingriffs. Der automatische Spurwechsel erfolgt nach einer kurzen Prüfung schnell und präzise. Die automatische Verkehrszeichenerkennung hingegen funktionierte nicht wirklich gut. Das System erfasste immer wieder falsche Tempolimits und sorgte so für unnötiges Abbremsen.

Hervorzuheben ist die hervorragende Isolation. Wind- und sonstige Geräusche sind im Innenraum kaum zu hören. Und auch Vibrationen sind im Innenraum kaum wahrzunehmen, auch wenn die Federung für meinen Geschmack doch etwas straff ist.
Verbrauch und Laden: Keine lange Wartezeiten am Schnelllader
Wie schneidet der G6 hinsichtlich des Verbrauchs ab? Nun, das hängt sehr stark von den Wetterbedingungen und der persönlichen Fahrweise ab. Xpeng gibt den Verbrauch mit 17,9 kWh auf 100 Kilometern an, womit eine maximale Reichweite von 550 Kilometer nach WLTP-Zyklus möglich sein soll. In der Praxis lag der Verbrauch bei mir leicht höher. Realistisch, ohne dabei zu viele Kompromisse beim Fahrspass eingehen zu müssen, sind um die 20 kWh auf 100 Kilometer. Damit ergibt sich eine realistische Reichweite von ungefähr 400 Kilometer.

Während des Testzeitraums lagen die Temperaturen in der Schweiz meist bei herbstlichen 10 bis 15 Grad. Auch morgens zeigte das Thermometer nur knapp unter 10 Grad an. Bei flotter Fahrweise kam ich auf einen Verbrauch von knapp 19 kWh/100 km, wobei der Grossteil meines gut 80 Kilometer langen Arbeitswegs auf der Autobahn zurückgelegt wurde. Mit angepasster Fahrweise und im ECO-Modus schaffte ich dieselbe Strecke allerdings mit einem deutlich tieferen Verbrauch von unter 16 kWh/100 km.

Dank der 800-Volt-Plattform lässt sich die 87,5-kWh-Batterie des G6 mit bis zu 280 kW laden. In 20 Minuten soll sich die Batterie so von 10 auf 80 Prozent aufladen. Doch stimmt das auch? Ich wollte es natürlich genau wissen und hab deshalb eine Schnellladestation von IONITY bei uns in der Nähe angesteuert. Mit einem Restakku von 12 Prozent bin ich da angekommen. Das Ergebnis? Nach genau 20 Minuten waren 80 Prozent erreicht. Der Peak lag dabei bei guten 240 kW, die wie üblich nur im unteren Prozentbereich erreicht werden.
Schade ist, dass Xpeng an der heimischen Wallbox nur maximal 11 kW bietet.

Das Testfazit zum Xpeng G6 AWD Performance (2024)
Der Xpeng G6 AWD Performance (2024) hinterlässt nach drei Wochen im Alltag einen positiven Eindruck. Das vollelektrische SUV-Coupé beweist eindrucksvoll, dass Xpeng nicht nur bei der Technik, sondern auch bei Design und Verarbeitung auf Augenhöhe mit etablierten Marken agiert. Mit seinem sportlich-futuristischen Design, dem markanten LED-Lichtband und den klaren Linien wirkt das SUV-Coupé modern und selbstbewusst. Trotz des vergleichsweise günstigen Einstiegspreises von rund 43'600 Franken vermittelt er einen hochwertigen Eindruck.
Im Innenraum überzeugt der G6 mit einem gelungenen Mix aus Raumangebot, Komfort und Qualität. Materialien und Verarbeitung wirken hochwertig, die Sitze sind bequem und langstreckentauglich, und das Platzangebot ist auch für grosse Menschen überdurchschnittlich. Das Bedienkonzept mit dem grossen Zentraldisplay erfordert etwas Eingewöhnung, funktioniert aber flüssig. Besonders positiv: Alle Komfort- und Assistenzsysteme sind serienmässig an Bord, inklusive Panoramadach, Premium-Soundsystem und Sitzheizung – ohne teure Zusatzpakete.
Auf der Strasse zeigt sich der G6 kraftvoll. Der G6 Performance AWD mit 476 PS beschleunigt in 4,1 Sekunden auf 100 km/h und bleibt dabei leise. Verbrauch und Reichweite liegen mit etwa 20 kWh/100 km und rund 400 Kilometern auf solidem Niveau, das Schnellladen mit bis zu 280 kW ist schnell. Insgesamt bietet der Xpeng G6 ein rundes Gesamtpaket aus Design, Technik und Fahrspass – und stellt damit eine preislich attraktive Alternative zu anderen vergleichbaren Modellen dar.