Gleich vorneweg: SPOILERALARM! Und zwar für eine Filmografie, die zu umfangreich ist, um sie hier einzeln aufzuzählen.
Ja, was haben Leute nicht schlecht gestaunt, als Sean Beans Figur Ned Stark, König von Winterfell und Protagonist der ersten Staffel von «Game of Thrones» am Ende selbiger den Kopf verlor. Für all jene, welche mit der Buchvorlage nicht vertraut waren, kam das als ziemlicher Schock. Der bekannteste Schauspieler der ganzen Serie, der vermeintliche Protagonist und dann zack, ab mit dem Kopf.
Dabei ist sich der 1959 in Sheffield, England, das Leinwandsterben durchaus gewöhnt. Seine Filmtode umfassen nebst zahlreichen fatalen Begegnungen mit Schusswaffen und Pfeilen auch absurdere Abgänge, wie etwa jener in «The Field» (1990). Hier wird Beans Figur «Tadgh McGabe» nämlich von einer aufgebrachten Kuhherde über eine Klippe gerempelt.
Seine Filmtode sind in der Popkultur längst Legende geworden. Viele sagen deswegen schon, der charismatische Schauspieler sei ein wandelnder Spoiler. Aber stimmt das überhaupt?
Tatsächlich – haltet euch fest – stirbt Sean Bean relativ wenige Filmtode. Von all seinen Rollen – gemäss IMDB sind das 125 in Film, Serien, Sprecher und Videospielen (Stand Mai 2025) – segnet seine Figur in rund 25 Filmen oder TV-Serien das Zeitliche. Nicht mitgerechnet sind hier Videospiele (auch da springen seine Figuren mehrmals über die Klinge).
Kehren wir das Klischee also für einmal um und beleuchten ein paar von Sean Beans Filmen, in denen seine Figur den Abspann überraschenderweise erleben darf.
«National Treasure» (2004)
In dieser modernen Indiana Jones-Variante mit Nicholas Cage als Abenteurer Benjamin Franklin Gates spielt Sean Bean den intriganten Ian Howe. Und damit der Schurke des Filmes. Eine prädestinierte Rolle für einen epischen Abgang – im Rahmen der «Ab 12»-Freigabe, versteht sich.
Aber was bin ich sehend? Ja, Beans Charakter kriegt am Ende, was er verdient, landet aber hinter Gittern statt unter der Erde. In der Fortsetzung «National Treasure: Book of Secrets» taucht er trotzdem nicht auf. Ebenso in der bereits nach einer Staffel abgesetzten TV-Serie. Naja, vielleicht gibt sich Bean im lange herumgeisternden dritten Teil wieder die Ehre. Und kriegt da einen würdigen Abgang spendiert.
«The Martian» (2015)
Ridley Scotts sehr gelungene Romanadaption des Autors Andy Weir ist Sci-Fi-Kino und Komödie in einem. Die einzige Figur, die hier in Lebensgefahr schwebt, ist Matt Damons Hauptcharakter Mark Watney, der alleine über Monate auf einer Marsstation überleben muss. Alle anderen Figuren sitzen entweder gemütlich in einem Raumschiff Richtung Erde oder im Kontrollzentrum der Nasa. So auch Sean Beans Figur des Flight Directors Mitch Henderson, der zu den Guten gehört. Wenig überraschend also, dass Beans Charakter bis zum Ende um das Schicksal von Watney mitfiebern darf. Ein Tod seiner Figur wäre hier ziemlich «out of place» gewesen, aber wer weiss, Herzinfarkte oder ungleich hohe Treppenstufen können immer und überall passieren.
«Jupiter Ascending» (2015)
In einer Galaxie, in der Bienen offenbar Adelige erkennen können (nein, wirklich), spielt Sean Bean den ehrenhaften Stinger Apini – einen ehemaligen intergalaktischen Soldaten mit genetischem Bienen-DNA-Mix. Ja, Sean Bean ist hier halb Mensch, halb Biene. Und nein, er summt nicht. Leider.
Als treuer Sidekick des schräg-coolen Wolf-Menschen Caine (Channing Tatum auf Rollschuhen durchs Weltall), hilft er dabei, Jupiter Jones – eine junge Frau von der Erde, die plötzlich intergalaktische Erbin eines Megakonzerns ist – zu beschützen. Natürlich geraten sie dabei in allerlei CGI-lastige Raumschlachten, höfisch-kalte Intrigen und absurde aristokratische Dramen, in denen Eddie Redmayne («Fantastic Beasts») wahlweise flüstert oder schreit.
Aber das eigentliche Wunder dieses absurden Sci-Fi-Schmus: Sean Bean stirbt nicht. Eigentlich wäre Stinger Apini eine prädestinierte Rolle, um als emotionaler Ankerpunkt für die Handlung abzutreten. Stattdessen überlebt er – aufrecht, loyal und mit mehr Würde als der Film in seiner Gänze hat.
«Troy» (2004)
In einem Film, in dem gefühlt jeder stirbt – Helden, Könige, Cousins, Pferdeliebhaber – gibt es einen Mann, der nicht fällt: Sean Bean als Odysseus. Ja, DER Odysseus. Der mit dem Holzpferd.
Während Brad Pitt («Seven» als Achilles bereut, kein besseres Schuhwerk getragen zu haben und Eric Bana («Hulk») als Hector mit edler Stirn seinem Schicksal entgegenblickt, verlässt Bean Troja lebendig, um sich auf den Heimweg zu machen.
Spoiler für ein 2300 Jahre altes Buch: In der Mythologie wird seine Heimreise 10 Jahre dauern, aber hey – überlebt hat er immerhin!
«Silent Hill» (2006) & «Silent Hill: Revelation» (2012)
Dass Sean Bean nicht nur einen, sondern gleich zwei Horrorfilme überlebt, grenzt schon fast an ein kleines Wunder. Besonders, wenn es sich noch um Filme handelt, die auf den düsteren und brutalen Videospielen der «Silent Hill»-Reihe basieren.
In beiden Teilen spielt Sean Bean einen Ehemann und Vater, der seine verschwundene Tochter und Frau sucht, die in der titelgebenden Horror-Stadt «Silent Hill» verschwunden sind. Während Frau und Tochter in der monsterverseuchten und nebelverhangenen Albtraumversion der Stadt ums Überleben kämpfen, bleibt Beans Figur in der einigermassen ungefährlichen Realität.
Zwar erlebt Christopher Da Silva (im zweiten Teil hat Beans Charakter den Namen Harry Mason angenommen) im ersten Teil kein Happy End, immerhin bleibt der Rest seiner Familie in der Anderswelt gefangen, aber er überlebt wenigstens. Am Ende des zweiten Teils hat er zwar seine Tochter zurück, seine Frau bleibt aber nach wie vor verschollen. Also macht er sich abermals auf die Suche und wagt den Schritt in die Anderswelt...
Ob ihm da kurz nach seiner Ankunft eine Skalpell-schwingende Gruselkrankenschwester die Kehle durchsäbelt, er von einer «Lying Figure» mit Säure angekotzt wird oder ihm «Pyramid Head» gleich die Haut abzieht, bleibt unklar. Wir hoffen es mal nicht.
Was wir übrigens zu den beiden «Silent Hill»-Filmen sagen, erfährst du hier (für den gelungenen ersten Teil) und hier (für den räudigen zweiten Teil).
Fun Fact zum Schluss:
Sean Bean sagte 2019 in einem Interview zur «Times», dass er in der Vergangenheit sogar Rollen abgelehnt hat, in denen seine Figur abgenippelt wäre. Einfach, weil es zu voraussehbar geworden wäre.